Abu Simbel

Im ägyptischen Teil Nubiens steht der legendäre Felsentempel des Königs Ramses des II. aus der 19. Dynastie des altägyptischen neuen Reiches Abu Simbel.

Seinen Namen hat der Tempel von dem Ort, der 240 Kilometer südwestlich von Assuan liegt.

Der Felsentempel liegt unweit des Nassersees, der durch die Aufstauung des Nils entstanden ist.

Durch den neu errichteten Staudamm stieg der Wasserspiegel des Nils so stark an, dass der Felsentempel in seiner ursprünglichen Lage vom Wasser bedroht wurde.

Finanziert durch eine Spendenaktion, die 1959 begann, gelang es 80 Millionen Dollar zu sammeln, um in einer beispiellosen Aktion den gesamten Tempel zu verlegen. Zwischen 1964 und 1968 wurde der Tempel in 20-30 Tonnen große Blöcke zerschnitten und abgebaut, sodann 65 Meter höher und 200 Meter vom Fluss entfernt wieder aufgebaut.

Die Anlage wurde 1968 unter Aufsicht des polnischen Archäologen Kazimierz Michałowski auf einem künstlichen Hügel aus einem Kuppelbau hoch über dem Assuan-Staudamm wieder errichtet.  Die Bauausführung hatte eine deutsche Firma aus Essen.

Die Tempelanlage befindet sich nunmehr auf einer Insel im Nassersee, die an der Nordwestseite durch einen befahrbaren Damm mit dem Ort Abu Simbel verbunden ist.

Die zweite Kolossalfigur von links soll kurze Zeit nach Erstellung des Tempels während eines Erdbebens abgestürzt sein. Da das Gesicht der Figur fehlt, hat man das so vorgefundene Arrangement auch nach Verlegung des Tempels in diesem Zustand belassen.

Der ursprüngliche Bau des Tempelkomplexes ist in den Zeitraum zwischen 1264  und 1244 v. Chr. zu veranschlagen. Die Errichtung diente auch dem politischen Zweck, die Nubier Ägyptens zu beeindrucken und die ungehinderte Zufuhr wertvoller Handelsgüter sicherzustellen.  

Auf der Tempelterrasse vor den Monumentalstatuen steht eine Reihe kleinerer Figuren, und zwar jeweils abwechselnd Darstellungen von Pharao Ramses mit königlichem Kopftuch und Doppelkrone sowie Abbilder des Horusfalken.

Die vier Kolossalfiguren mit einer Höhe von 21 Metern stellen Ramses den II. als göttlich legitimierten Herrscher  mit der Doppelkrone Ober- und Unterägyptens (Pschent), dar. Der Abstand zwischen den Ohren jeder Statue beträgt vier Meter.

Seitlich und zwischen seinen Beinen befinden sich die Skulpturen seiner Großen königlichen Gemahlin Nefertari, seiner Mutter und Ehefrau des Sethos I. Tuja, die als Mitregentin Ramses II. den Titel Mut-Tuja trug, und einige seiner Kinder.

Links neben dem Bein Ramses steht die Figur der Nefertari, der Großgemahlin des Pharaos. Der König trägt den Zeremonialbart am Kinn und die Uräus-Schlange an der Stirn.

Alle Figuren schauen zum Osthorizont, wo täglich die Sonne aufgeht.

Nefertari wurde von ihrem Pharao geliebt. Davon zeugen Hieroglyphen aus ihrem Grab mit den Ausdrücken „Herrin der Liebenswürdigkeit“, „süß an Liebe“, „schön an Gesicht“, „für die die Sonne scheint“.

Oberhalb des Tempeleingangs befindet sich eine Darstellung von Re-Harachte, ein Sonnengott in der ägyptischen Mythologie, der aus einer Verschmelzung (Synkretismus) der Gottheiten Re und Harachte entstanden ist.

Nach Betreten des Eingangsportals gelangt man in eine 17,7 mal 16,5 Meter große Halle, in der sich jeweils an der linken und rechten Seite vier Statuen befinden, die Ramses in der Gestalt Osiris darstellen. Reste von Farbpigmenten auf den Statuen legen den Schluss nahe, dass die Figuren in ihrer ursprünglichen Form bemalt waren.

Von der Eingangshalle mit den prächtigen Osirispfeilern gehen zu beiden Seiten mehrere Nebenkammern ab. Die Wände sind mit Reliefs und Malereien verziert, die Ramses kriegerische Eroberungsfeldzüge darstellen, so unter anderem die Schlacht von Kadesch mit den Hethitern.

In der bekannten Pose vernichtet der Pharao während der Feldzüge seine Feinde.

Ramses II. greift mit seinem Streitwagen die Hethiter an, in dem er in voller Fahrt seinen Kriegsbogen spannt, um Pfeile auf seine Gegner abzuschießen.

Die Halle ist vorbildlich ausgeleuchtet, was nicht nur der Betrachtung sondern auch der fotografischen Erfassung zu Gute kommt.

Neben den zahlreichen Kampfszenen befinden sich an den Wänden der Halle auch religiöse Motive, so neben den zahlreichen Götterreliefs auch diese  Darstellung einer Prozession, bei der die Sonnenbarke von zahlreichen Trägern geführt wird.

Nachdem die zahlreichen Besucher die Halle wieder verlassen haben, kann sich der Tempelwächter ausruhen.

Die Decke zeigt die bereits aus anderen Tempeln bekannte Darstellung von Geiern, der Tiergestalten der Göttin Nechbet, schützend Federfächer um die Kartusche des Königs in den Krallen haltend. .

Zweimal im Jahr findet das Sonnenwunder von Abu Simbel statt, wenn die durch den Tempeleingang eindringenden Sonnenstrahlen für etwa 20 Minuten drei der vier in sitzender Haltung dargestellten Götterstatuen des tief im Tempel liegenden Heiligtums, des Amun-Re von Theben, des vergöttlichten Ramses und des Re-Harachte von Heliopolis, beleuchten.

Die Statue des ganz links sitzenden Ptah von Memphis, eines Erdgottes, der mit dem Reich der Toten verbunden war, bleibt mit Ausnahme seiner linken Schulter außerhalb des Sonnenlichts.

Zurück aus den Hallen des Tempels fällt ein letzter Blick auf die  Kolossalfiguren. Bereits zu der Zeit der Errichtung des Tempels muss es durch ein Erdbeben zu Schäden am Tempel gekommen sein, die durch Mauerwerk notdürftig behoben wurden. Erst die Römer entdeckten das Zement, das den Ägyptern zu ihrer Zeit noch nicht zur Verfügung stand.

Dieser kam erst nach der Rettung des Tempels durch seine Versetzung zum Einsatz. Denn nach der Zusammensetzung der einzelnen Bauteile und dem Wiederaufbau am neuen Platz überspannte man den hinteren Teil der beiden Tempel mit jeweils einer mächtigen Betonschale, die dann von außen mit Steingeröll überlagert wurde, so dass das ursprüngliche und charakteristische Aussehen der Heiligtümer als Felsentempel bewahrt werden konnte.

Der zweite Tempel ist der Gemahlin Ramses des II., Nefertari  (Nofretari) gewidmet. Er liegt 150 Meter nördlich des Ramsestempels. Er dient der Verehrung der Königin und der Göttin Hathor.

Insgesamt sind sechs Figuren aus dem Felsen gehauen, von denen vier Ramses und zwei Nefertari in der Gestalt der Göttin Hathor darstellen. Die Monumentalfiguren haben eine Höhe von jeweils zehn Metern.

Die Fassade misst 12 mal 28 Meter. Die ursprünglich oberhalb der Figuren befindliche Hohlkehle ist nicht mehr erhalten.

Die Statuen werden alle in gleicher Größe dargestellt, was von den Ägyptologen als Liebesbeweis des Pharaos an seine Frau interpretiert wird. Die kleineren Figuren zeigen ihre Kinder.

Die Königin hat auf ihrem Haupt die Sonnenscheibe mit zwei großen Federn zwischen den Hörnern der „Kuhgöttin“ Hathor.

Die Figuren des Ramses sind unterschiedlich dargestellt. Links die Version mit der ägyptischen Doppelkrone, rechts trägt die Statue einen Kopfschmuck mit Widderhörnern, die von einer Sonnenscheibe mit zwei großen Straußenfedern überragt werden. Dies ist die sogenannte Straußenfederkrone oder Henu-Krone, die bei Krönungen getragen wurde und die Wiedergeburt symbolisierte.

Durch das Portal gelangt man in die Säulenhalle. Die Decke wird von sechs Pfeilern getragen. Diese sind mit unterschiedlichen Reliefs verziert. Der Pfeiler im Bild zeigt den Pharao, wie er in der rechten Hand das Anch-Zeichen und mit der linken Hand einen Opfertrank hält.

Die linke Frontseite des Hathortempels der Königin Nefertari, die durch die mittlere Statue abgebildet wird, deren Gesicht leider zerstört ist.

Die Gesamtfassade des Tempels mit den umgebenden Betondom, der durch eine gute Nachbildung des ursprünglichen Felsens überdeckt ist.

Erst wenn man mehrere hundert Meter zurückgeht, kann man beide Tempel in einer Gesamtübersicht erfassen. So menschenleer kann man dieses Ensemble selten aufnehmen.

Der Tempel des Ramses II. an den Ufern des Nassersees in einer karstigen Insellandschaft.

Der weitläufige Nassersee mit den Ufern der Insel, auf der sich die beiden Tempel befinden.

Das Denkmal der ägyptisch-sowjetischen Freundschaft befindet sich am westlichen Ende des Staudammes. Ägypten wurde bei der Herstellung des Dammes maßgeblich durch die damalige Sowjetunion unterstützt.

Blick vom Staudamm auf den Nil.

Zur anderen Seite hat man den Blick auf den Nassersee, der nach den ägyptischen Staatspräsidenten Nasser benannt ist, unter dessen Ägide das Projekt weitgehend abgeschlossen wurde. Der Damm wurde 1970 fertiggestellt und am 15. Januar 1971 von Nassers Nachfolger Anwar el-Sadat feierlich eröffnet.

Nach dem Rückflug von Abu Simbel nach Kairo haben wir in Kairo bei 32 Grad im Schatten gefroren. So erheblich war der Temperaturunterschied zwischen beiden Regionen. Kurz danach haben wir den Rückflug nach Deutschland angetreten.

 

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Eine Antwort auf „Abu Simbel“

  1. Liebe Ulrike, lieber Hans-Bernd. Dieser Reisebericht ist der absolute Hammer. So eine Vielzahl an wunderschönen Photos, jeder einzelne Bericht super geschrieben. Macht sehr viel Spaß zu lesen. Habe heute Nachmittag gute 2 Stunden damit verbracht. Total interessant. So Viel habe ich noch nie über Ägypten gelesen. Vielen Dank dafür.

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