Bad Camberg

Als ältestes hessisches Kneippheilbad blickt Bad Camberg auf eine 1000 Jahre alte Geschichte zurück.

Was hat Bad Camberg zu bieten? Dieser Frage wollten wir nachgehen. Und so machten wir uns an einem sonnigen Tag kurz entschlossen auf den Weg. Nach einer Fahrzeit von etwas mehr als zwei Stunden erreichten wir unser Ziel.

Schnell war uns klar, dass wir mit diesem Ausflugsziel die richtige Wahl getroffen hatten. Bad Camberg hat neben einem schönen Kurpark und einem tollen Marktplatz einen historischen Altstadtkern mit vielen schön restaurierten Fachwerkhäusern zu bieten. Genau das richtige für uns, denn wir lieben gut erhaltene Fachwerkstädte. Ebenso konnten wir uns Teile der alten Stadtmauer ansehen.

  1. Wo genau liegt Bad Camberg?
  2. Geschichte der Stadt
  3. Stadtrundgang
  4. Sanierung von Fachwerkhäusern
  5. Was gibt es sonst noch in Bad Camberg zu sehen?

Wo genau liegt Bad Camberg?

Die Stadt Bad Camberg, die bis 1981 im Übrigen nur Camberg hieß, liegt im Goldenen Grund im Hintertaunus. Als zweitgrößte Stadt befindet sie sich im mittelhessischen Landkreis Limburg-Weilburg und somit ungefähr 20 Kilometer südlich der Kreisstadt Limburg an der Lahn. Wiesbaden liegt ungefähr 30 Kilometer in nördlicher Richtung.

Geschichte der Stadt

Rudolf I. von Habsburg verlieh im Jahr 1281 Camberg die Stadtrechte. Die Grafen von Diez veranlassten, aus Camberg eine befestigte Stadt zu errichten. So wurde in der Zeit von 1360 bis 1380 eine Stadtmauer gezogen, in der 13 Türme verbaut wurden. Später, bis 1803, übernahmen verschiedene Amtmänner die Herrschaft über die Stadt.

So gehörte die Stadt zunächst dem Herzogtum Nassau an. Nachdem sie 1866 der Provinz Hessen-Nassau zugehörig war, ist sie seit 1945 eine Stadt des Bundeslandes Hessen. Die heutige Stadt Bad Camberg setzt sich seit 1974 neben der Kernstadt aus mehreren früheren selbständigen Gemeinden zusammen.

Seit 1981 darf sich die Stadt als „Bad“ bezeichnen.

Stadtrundgang

Einen Parkplatz haben wir auf der Frankfurter Straße bekommen und konnten unseren Stadtrundgang direkt auf der Strackgasse mit dem Untertorturm beginnen.

Warum die Einwohner ihn auch „der Schiefe Turm von Bad Camberg“ nennen, erklärt sich bei einem Blick auf das Foto von selbst. Der Untertorturm ragt mit seiner Höhe von 21 Metern über die Häuser. Seine Neigung beträgt ungefähr 1,45 Meter. Er lehnt sozusagen an der Stadtmauer. Ursprünglich stand er mit zwei weiteren Türmen an dieser Stelle, wobei alle Türme hintereinander standen.

Zu sehen ist auch, dass das Dach bzw. die Haube etwas neuer ist. Die ursprüngliche Haube wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Am Untertor wurde eine Zwingeranlage errichtet, die zur weiteren Sicherung diente. In die Stadt gelassen wurde nur, wer am Schlagbaum einen Zoll zahlte. Danach schritt man durch das erste, mit zwei kleinen Ecktürmen versehene, Tor und befand sich im Zwinger. Hiernach gelangten die Menschen durch ein weiteres Tor in die Stadt.

Zu sehen ist ungefähr in der Mitte der Mauer eine Öffnung. Diese wurde als Durchgang zum Wehrgang auf dem Stadttor genutzt.

In unmittelbarer Nähe zum Untertorturm befindet sich der Feuerwehrbrunnen.

Angefertigt wurde dieser vom Bildhauer Bonifatius Stirnberg 2010. Er steht zur Erinnerung an die Großbrände in den Jahren 1798 und 1896, bei denen große Teile der Stadt zerstört wurden. Erschwerend kam bei diesen Bränden hinzu, dass als Löschwasser das Trinkwasser genutzt wurde, woraus eine Wasserknappheit entstand.

Die Bewohner der Fachwerkhäuser pflegen diese sehr aufwendig. Dieses Haus wurde 1716 von Johann Gottfried Pansinbach und seiner Hausfrau erbaut. Hierneben gab es noch Hof- und Wirtschaftsgebäude. Es befindet sich direkt an der westlichen Stadtmauer. Wir durften sogar in den Hof und machten dort eine tollte Entdeckung.

Im Garten befindet sich ein Teil der alten Stadtmauer, die in der Zeit von 1365 bis 1380 erbaut wurde. Sie hatte eine Länge von 970 Metern. Den Bewohnern des Hauses ist es gelungen, die Stadtmauer gut in ihren Garten zu integrieren.

Dieses wunderschöne 1670 errichtete Fachwerkhaus befindet sich auf der Pfarrgasse. Mittlerweile ist es ein geschütztes Kulturdenkmal. Das Haus wurde relativ früh erweitert. Zur Kirchgasse hin hat es ein sog. überkragendes Obergeschoss.

Die sich anschließende Toreinfahrt ist mit einem Fachwerkobergeschoss überbaut.

Das linke Fenster wurde mit gedrehten Säulen und einer Inschrift versehen. Diese nennt neben den Bauherren Gerhart Marx und den Camberger Zimmermann auch das Baujahr (1673).

Das rechte Fenster trägt Verzierungen mit Baluster und Quastschnüren. Auf der Brüstungsplatte befindet sich ein „aufgelöster Fabel-Vogel“ in einem Rankenwerk.

Die beiden Erker sind außergewöhnlich schön gestaltet und mit Ranken- und Maskenschmuck verziert.

Dieses Fachwerkhaus wurde 1684 erbaut und befindet sich ebenfalls unmittelbar an der Stadtmauer. Zum Zeitpunkt der Errichtung des Hauses waren die Wehranlagen noch intakt. Dies hatte zur Folge, dass im zweiten Obergeschoss ein Wehrgang in das Haus integriert werden musste. Dieser ist bis heute erhalten geblieben.

Das Haus wurde direkt an die Stadtmauer gebaut

Auch das Nachbarhaus ist mit der Stadtmauer verbunden, so dass auch hier diese Bestandteil des Wohnhauses ist. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts stand im Hof zwischen diesen Gebäuden der „Hexenturm“. In der Zeit von 1630 bis 1660 wurden in Camberg sieben Frauen als Hexen hingerichtet.

An diesen Gebäuden (Vorder- und Hinterhaus) aus dem Jahr 1549 sind unterschiedliche Baustile des Fachwerkbaus zu erkennen. Das hier zu sehende Vorderhaus wurde in der Rähm- bzw. Stockwerksbauweise errichtet. Hierzu wurden die Wände des Fachwerkhauses für jedes Stockwerk einzeln gezimmert und sodann aufgestockt. Bei Sanierungsarbeiten wurde festgestellt, dass das Untergeschoss sehr schlecht erhalten ist und ersetzt werden musste.

Das Hinterhaus wurde in der etwas älteren Ständerbauweise errichtet. Hierbei reichen die langen Pfosten über die Geschosse bis hin zur Traufe.

Auch diese Bauweise ist in Bad Camberg häufiger zu sehen. Ein Zimmerchen über der Hofeinfahrt. Das zweistöckige Wohnhaus stammt aus dem 17. Jahrhundert.

Dieses wunderschön gestaltete Haus wurde ungefähr nach 1600 erbaut. Es ist einer der ersten dreistöckigen Bauten am Marktplatz. Allerdings konnte das Fachwerk nur in den oberen Geschossen erhalten bleiben.

Wie in fast jeder anderen Stadt bildet der Marktplatz den Mittelpunkt der historischen Altstadt. Dieser wird von den zahlreichen, zum Teil aus vier Jahrhunderten stammenden Fachwerkhäuser, umsäumt. Liebhaber finden hier Zeichen aus verschiedenen Baustilen wieder: Gotik, Renaissance, Barock und auch Klassizismus sind in Bad Camberg miteinander vereint.

Eine Ziege mitten auf dem Marktplatz

Neben dem Brunnen auf dem Marktplatz wurde zwischen den einzelnen Bänken eine Ziege platziert. Auch Atzeln (Elstern) sind auf einer Stele vorhanden. Ein Café lädt ein, sich das Treiben auf dem Platz bei einer guten Tasse Kaffee in Ruhe zu betrachten.

Das schönste Ensemble der historischen Altstadt stellt eines der längsten Fachwerkgebäude in Deutschland, der Amthof, dar. 145 Meter Fachwerk bietet diese Mehrflügelanlage. Liebhaber von Fachwerkstädten, wie wir es sind, kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Gleichzeitig ist es unserer Auffassung nach auch das Sehenswerteste in Bad Camberg. In der Zeit von 1564 bis 1816 hatten hier die kurtrierischen Amtmänner ihren Sitz. Hier gibt es Einiges zu sehen.

Das Amthofglockenspiel ist aus einer schönen Idee entstanden. Die Glocken wurden von verschiedenen Familien oder Vereinen gestiftet. Auf den Glocken befinden sich die entsprechenden Widmungen. Fünfmal am Tag ist dieses Glockenspiel zu hören. Das Besondere daran ist, dass je nach Jahreszeit unterschiedliche Melodien erklingen.

Auf dem Bild ist links der Heiden-Bau zu sehen. Im Anschluss an diesen (rechts im Bild) befindet sich der Hohenfeld-Bau, erbaut 1609 von Achatius Hohenfeld. Interessant an diesem Gebäudeteil sind die doppelstöckigen Erker. Bei genauer Betrachtung erkennt man auf dem linken Erker einen Doppeladler. Ein Hinweis darauf, dass der Erbauer Hohenfeld in kaiserlichen Diensten stand. Als Zeichen der Stärke befindet sich direkt neben dem Adler der Vogel Strauß mit Eisen im Schnabel. Der rechte Erker wurde mit Merkur und Sol ausgestattet.

Der Schütz-Bau wurde um 1780 errichtet. Dieser wurde mit einem Übergang zu der sich anschließenden Hohenfeldkapelle errichtet, die heute unter Denkmalschutz steht.

Die Kapelle wurde 1672 von Achatius von Hohenfeld als Hauskapelle der Familie eingerichtet. Auch bei diesem Gebäude spielt die Stadtmauer wieder eine Rolle, denn sie stellt die östliche Außenwand dar. Ursprünglich soll das Gebäude eine Scheune gewesen sein.

Obwohl die Kapelle nicht sonderlich groß zu sein scheint, befinden sich im Inneren drei Altäre aus dem Jahr 1780. Die Chorfester mit schönen Glasmalereien wurden allerdings erst 1870 zugefügt. An der Decke sind großzügige Schnitzarbeiten zu sehen.

Die Kapelle gehört mittlerweile zum seit 1981 bestehenden Stadt- und Turmmuseum. Eine letzte katholische Messe wurde im Jahr 1938 in ihr gehalten. Ausgestellt sind in diesem zahlreiche Dokumente der geschichtlichen Bedeutung der Stadt. Das Museum ist allerdings nur in den Monaten von April bis Oktober und dann auch nur an Sonn- und Feiertagen geöffnet (Stand: April 2022).

Über der Kapelle befinden sich noch weitere Geschosse, durch diese hat man Zutritt zum Turm. Gleichzeitig hatte die herrschaftliche Familie vom Amthof aus über den Fachwerkübergang einen direkten Zugang zur Empore der Kapelle.

Der Obertorturm schließt das Amthof-Ensemble ab. Er wurde 1392 erbaut und stellt heute den historischen Eingang zur Altstadt dar. Die Anlage um das Tor herum war nicht so großzügig gestaltet, wie die des Untertores. An der Durchfahrt befand sich als Sicherung an der Außenseite lediglich ein Falltor. Zur Innenseite wurde die Stadt mit einem Drehflügeltor abgesichert.

Der Türmer bewohnte ein kleines Geschoss im Turm, dem als Decke ein recht steil wirkendes Walmdach aufgesetzt wurde. Darüber hinaus wurde der Turm mit einem Glockentürmchen vervollständigt. Der Obertorturm erreicht somit eine stolze Höhe von 33 Metern.

Besuchern steht der Turm bis zur Türmerwohnung offen. Er ist von der Hohenfeldkapelle aus erreichbar. 133 Stufen müssen überwunden werden, um einen Blick in die Türmerwohnung werfen zu können. In der vierten Etage gibt es sodann eine Belohnung: hier erschließt sich ein wunderschöner Ausblick über die Stadt bis zum Taunus.

Sanierung von Fachwerkhäusern

Auch in Bad Camberg ist es unabdingbar, dass die Häuser zum Teil oder sogar ganz renoviert bzw. saniert werden müssen. Das Schöne daran ist, dass alle daran interessiert sind, den Stil beizubehalten. Doch solch eine Sanierung ist gar nicht so einfach. Wie auf dem Foto zu sehen, ist manchmal einiges krumm und schief. In der Regel sind die Gefache (Räume zwischen den Holzbalken) mit Lehm oder Weidengeflecht ausgefüllt. Bei diesem Haus wurden offensichtlich Ziegelsteine bevorzugt.

Was gibt es sonst noch in Bad Camberg zu sehen?

Bad Camberg hat einen Kneipp-Kurpark mit dem sog. Kneipp-Rundweg. Auf diesem werden die fünf Säulen nach Sebastian Kneipp dargestellt.

Mit dem Bau der Ev. Martinskirche wurde im Sommer 1896 begonnen. Im Eingang befindet sich auf dem Fußboden ein mit blauen Fliesen gestaltetes Kreuz. Der Altar besteht aus grauem Sandstein. Besonders hervorzuheben ist die Altarbibel, ein Geschenk von Kaiserin Auguste Viktoria zur Einweihung der Kirche im Jahr 1897.

Die Kreuzkapelle stammt aus den Jahren 1681 bis 1683. Leider ist nicht mehr bekannt, wer die Bauherren waren.

Die alte Jüdische Schule befindet sich in einem kleinen sanierten Fachwerkhaus, welches 1729 erbaut wurde. Auch dieses Gebäude hat die Besonderheit, direkt an die Stadtmauer gebaut worden zu sein. Der Wehrgang wird lediglich von einer Fachwerkwand vom Haus getrennt.

Die Alte Amtsapotheke hat eine über 350jährige Geschichte. Erst 2016 wurde der Betrieb eingestellt. Errichtet wurde das Haus im Jahr 1492 auf den mittelalterlichen Gewölben eines Kellers und diente als Burgmannshof derer von Riedesel. Ab 1663 beherbergte das Haus schließlich die Apotheke.

Tipp:
Bad Camberg liegt inmitten einer wunderschönen Natur mit sehr vielen Wanderwegen, so dass auch Wanderer nach einer Stadtbesichtigung nicht zu kurz kommen.

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