Bad Nauheim hat viele verschiedene Facetten, von denen ich euch heute einige näher bringen möchte.
Das ehemalige Söderdorf entwickelte sich Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts zur Stadt Bad Nauheim. In den Straßenzügen stehen zwischen den Häuser aus der Gründerzeit viele ehemalige Hotels, die zu Wohnhäusern umgebaut wurden.

Es wird erzählt, dass die Stadt im zweiten Weltkrieg nur deshalb nicht zerstört wurde, weil während dieser Zeit zahlreiche Offiziere hier untergebracht waren, die zum damaligen Zeitpunkt Kriegsgefangene waren. Hierzu gibt es mehrere verschiedene Geschichten. Welche die wirkliche wahre ist, konnte ich leider nicht herausfinden. Die Tendenz geht tatsächlich dahin, dass Franklin D. Roosevelt den Befehl gegeben haben soll, die Stadt zu verschonen. Begründet wird diese Geschichte damit, dass er als Kind häufig seine Eltern nach Bad Nauheim begleitet und hier sogar für einige Zeit die Schule besucht hat.

Den Tag heute habe ich nicht, wie sonst üblich, durchgeplant. Nachdem ich in der Reha-Klinik mein Programm absolviert hatte, habe ich mich ohne bestimmtes Ziel in Richtung Stadt auf den Weg gemacht. Interessant und spannend war es trotzdem. Oder vielleicht gerade deshalb, denn ohne genaue Planung achtet man doch auf einige Dinge mehr als sonst.
Dankeskirche
Die Dankeskirche befindet sich an der Parkstraße und liegt somit ziemlich zentral. In den Jahren von 1897 bis 1906 wurde sie erbaut. Der Kirchturm hat eine Höhe von 70 Metern. Auf dem Platz stand früher das erste Badehaus Bad Nauheims. Die frühere evangelische Kirche war die Wilhelmskirche, die aus Platzgründen durch die neu erbaute Dankeskirche ersetzt wurde.

Die Einweihung der Kirche gestaltete sich recht groß und feierlich. Waren doch neben dem Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein auch die vollständige Riege der Regierung des Großherzogtums anwesend.

Den Taufstein aus der Wilhelmskirche hat man in die Dankeskirche überführt, er besteht aus Basalt und stammt ungefähr aus dem Jahr 1200. Dadurch, dass er mit Beton befüllt wurde, hat er heute leider keine Funktion mehr.

Der Altar und die Kanzel stammen von Ludwig Gievers. In den Chor-Glasfenstern finden sich Szenen der Geburt, Kreuzigung und der Auferstehung Jesu. Sie stammen von der Firma Staiger und Weitlich aus Köln.
Hinter dem Altar, direkt unter den Fenstern erblicke ich drei Kunstwerke, die von Tobias Kammerer stammen. Ich konnte mit diesen Werken nicht wirklich etwas in Verbindung bringen und so habe ich kurzerhand nachgefragt. Diese drei Kunstwerke stellen in Wirklichkeit eins dar, welches aus drei Teilen besteht. Sie sollen die Themen der Chorfenster verstärken.

Ehrenmal für die Gefallenen der beiden Weltkriege
Das Ehrenmal für die im Krieg gefallenen Soldaten befindet sich am Fuße des Johannisbergs.

In der Halle befinden sich Steintafeln, auf denen weit über 200 Namen der Soldaten stehen, die in den Jahren 1914 bis 1918 gefallen sind.
Weitere Bronzetafeln wurden im Jahr 1986 angebracht. Diese sind für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges.
Leider ist das Ehrenmal nicht mehr so gut erhalten. An vielen Stellen fällt der Putz ab und stellenweise sieht man, dass die Wände mit Graffitis beschmiert wurden. Es ist nicht gelungen, diese so zu übermalen, dass sie nicht mehr durchschimmern.


Der Besuch hier oben am Ehrenmal war etwas enttäuschend. Allerdings wurde diese Enttäuschung durch einen wunderschönen Blick auf die Stadt wieder wettgemacht.

Johanneskirche (Englische Kirche)
Die Johanneskirche wurde in den Jahren 1898 bis 1899 erbaut. Allerdings wurde sie damals als St. John’s Church sowohl für die englischen als auch die amerikanischen Kurgäste von der anglikanischen Kirche erbaut. In Anwesenheit von Prinzessin Christina von Schleswig-Holstein wurde sie am 10.09.1899 durch den Bischof von Norwich eingeweiht.
Während ich meine Fotos mache, weist mich eine ältere Dame (offensichtlich eine Bürgerin der Stadt) darauf hin, dass dies die „Englische Kirche“ ist. Die Bürger der Stadt würden sie immer noch die „Englische Kirche“ nennen. Sodann klärte sie mich darüber auf, dass die Kirche verschlossen und zur Zeit von innen nicht besichtigt werden kann. Und sie berichtete mir weiter, dass diese „Englische Kirche“ nicht nur wegen der amerikanischen und englischen Kurgäste erbaut wurde. Vielmehr bestand zwischen den Großherzogen von Hessen und bei Rhein und dem britischen Königshaus eine intensive Beziehung, denn Großherzog Ernst Ludwig sei ein Enkel von Queen Victoria gewesen.

Die evangelische Kirchengemeinde erwarb sie 1960 und baute den Innenraum um. Das Westfenster wurde nach einem Entwurf von Prof. Müller-Linow ersetzt.
Die Kirche befindet sich nicht mitten in der Stadt, sie ist etwas abseits oberhalb der Stadt gelegen, in der sog. Kernstadt.

Die Gottesdienste fanden in englischer Sprache und ausschließlich während des Sommers statt. Im zweiten Weltkrieg wurde sie zweckentfremdet und diente dem Roten Kreuz als Depot.

Skulpturenpark
Von der Johanneskirche zog ich weiter. Mein Weg führte mich nun etwas aus der Stadt heraus. Ich hatte ein Hinweisschild zum Skulpturenpark gesehen, diesen wollte ich mir ansehen.

Gerhard Burk, der Künstler, hat seinen Skulpturenpark in die wunderschöne Natur Bad Nauheims integriert. Mitten auf einer Wiese finden sich zahlreiche Skulpturen wieder und beeindrucken die Menschen. Zu einem Teil der Skulpturen ist der Zugang frei.

In den 1970er Jahren wurde der Park gegründet und Gerhard Burk stellte in ihm Kunst in zahlreichen Facetten vor.
Mittlerweile wohnt der Künstler selbst auch auf dem Areal. In der auf dem Wald-Wiesengrundstück befindlichen Jugendstilvilla hat er sich niedergelassen. Diese wurde im Jahr 1909 von dem Architekten Jost erbaut und diente einst als Parkwächterhaus.
Der zum Haus gehörende Garten mit zahlreichen Skulpturen war zum Zeitpunkt meines Aufenthaltes in Bad Nauheim leider nicht für Besucher zugänglich. So musste ich mit den auf der vor dem Haus befindlichen Wiese aufgestellten Skulpturen zufrieden sein. Das einzige Kunstwerk, was mich etwas in den Bann zog und ich mir näher betrachtete, war das Geschirr auf den Holzbalken.

Alles andere auf der Wiese zu sehende hat mich nicht wirklich beeindruckt. Kunst ist ja bekanntlich eine Sache, bei der jeder für sich entscheiden kann, was er schön findet und was eben nicht.

Ich entschloss mich, an der Skiwiese Richtung Golfplatz weiter zu laufen. Während ich die wunderschöne Landschaft genoss und mich an den tollen Wanderwegen erfreute, kam mir eine Idee …

Am Golfplatz lief ich entlang Richtung Obstlehrpfad.

Nahe des Dörfchens Nieder-Möhrlen, unweit des Obstlehrpfades und der Usa befindet sich ein kleines Kapellchen, dieses wollte ich mir näher anschauen.
Usa-Kapellchen
Das Usa-Kapellchen ist eine kleine Feldkapelle, die im Jahr 1780 erbaut wurde.

Von Linden umgeben lädt eine Bank an der hinteren Wand des Kapellchen zum Verweilen ein.

Ursprünglich war das Usa-Kapellchen in einem barocken Baustil errichtet worden. 1973 wurde es umgebaut, durch diesen Umbau ist der barocke Charm verloren gegangen.

Ich zog weiter an der Usa entlang und machte eine Entdeckung, die ich hier so gar nicht vermutet hatte. Eine Sitzgelegenheit mitten in der grünen Natur am Ufer der Usa.

Mir ist während meiner verschiedenen Wanderungen aufgefallen, dass es sowohl in der Stadt als auch in den Wäldern zahlreiche Sitzgelegenheiten gibt, so dass auch Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind, sich auf etwas weitere Wege einlassen können.

Der Weg führte mich zum einen an der Usa entlang und zum anderen am Golfplatz. Wenn ihr glaubt, dass es in der Natur nicht so viel zu entdecken gibt, irrt ihr ganz gewaltig. In der Nähe des Golfplatzes habe ich mitten an einer Wand einen Brunnen entdeckt.

Die Zeit an diesem Tag ist mal wieder wie im Flug vergangen. Ich musste mich dann doch ein wenig sputen, um rechtzeitig wieder zurück zu sein. Aber nicht nur deshalb, sondern auch weil hier offensichtlich die Bälle tief fliegen 😊

Der Wanderweg an der Usa vorbei mündet in den Kurgarten, durch den ich meine tägliche Runde noch gelaufen bin.

Vom Park aus gibt es mehrere Möglichkeiten Richtung Lindenstraße zu laufen. Ich wählte den Ausgang Richtung Sprudelhof und vorbei an der heutigen Musikschule.

Die Musikschule befindet sich in dem ehemaligen Balneologischen Institut im Sprudelhof. Zum Abschluss dieses Berichtes möchte ich euch noch ein sehr schönes kleines Café in Bad Nauheim empfehlen. Etwas außergewöhnlich, aber man muss es auf jeden Fall mindestens einmal bei einem Aufenthalt in der Stadt aufsuchen, das Café Kaffeemühlchen.

In meinen nächsten Berichten über Bad Nauheim möchte ich euch einige der zahlreichen und wunderschönen Wanderwege näherbringen.
© 2021 by Travel-See-Xperience