Delphi – Der Nabel der Welt

Delphi ist nicht etwa eine Abkürzung für Delphin sondern der Name einer antiken Stadt in Griechenland. Bekannt war die Stadt für ihr Orakel, eine Weissagungsstätte, die dem Gott Apollon geweiht war.

Das Orakel befand sich am Hang des Berges Parnass. Ursprünglich hieß die Stadt Pytho und wurde erst um 500 v. Chr. in Delphi umbenannt. Nach der griechischen Mythologie musste der Gott Apollon zunächst den Drachen Python erschlagen, um den Tempel in Delphi beziehen zu können.

Das Orakel, eine weibliche Person, verkündete die Worte Apollons im Trancezustand, der durch Dämpfe verursacht wurde, die durch eine Erdspalte emporstiegen. Diese Priesterin wurde Pythia genannt.

Das Orakel hätte noch lange Zeit bestehen können, denn es war hoch angesehen und die Besucher des Orakels glaubten an die durch das Orakel verkündeten Weissagungen. Doch der Kaiser Theodosius I. ließ 391 nach Christi die Kultstätte verbieten.

Theodosius der Große war von 379 bis 394 Kaiser im Osten des Römischen Reiches. Das Christentum war zu dieser Zeit noch keine Staatsreligion aber gleichwohl dominant. Der römische Kaiser untersagte in einem Edikt die weitere Ausübung der griechischen Religion und ließ einen großen Teil der Kultgegenstände Delphis nach Konstantinopel verbringen.

Auf dem Areal des ehemaligen Heiligtums entstand bereits im 4. Jahrhundert eine christliche Kirche, die bis ins 7. Jahrhundert n. Chr. überdauerte.

An der Straße, die zum Heiligtum Apollons führte, lag das Schatzhaus der Athener, in dem die Weihegeschenke aufbewahrt wurden. Denn auch in der Antike gab es bereits Diebstähle. Das aus Marmor errichtete Gebäude hat eine Grundfläche von 64 Quadratmetern und war in der Form eines Tempels aufgebaut.

Einschließlich des Giebels hatte das Gebäude eine Höhe von 7,59 Metern, wobei es lediglich ein Geschoß hatte. Die Athener hatten es anlässlich der gegen die Perser gewonnen Schlacht bei Marathon 490 v. Chr. errichtet.

Das Gebäude befindet sich deswegen in einem relativ perfekten Zustand, weil es eine Rekonstruktion ist. Dieses Bauwerk wurde 1903 – 1906 anlässlich eines Jubiläums der Stadt Athen wieder aufgebaut. Dabei wurde das Gebäude aus im Gelände vorgefundenen und teilweise nachgebauten Teilen hergestellt. Das kann man zum Beispiel an der unterschiedlichen Farbe der Steine und der zwei dorischen Säulen erkennen.

Unter dem Giebel verläuft ein Zierfries mit zahlreichen Metopen. Die Metopen sind Nachbildungen, während sich die Originale im Museum befinden. Unter Metopen versteht man die Felder am Fries zwischen den Triglyphen (eine Platte mit zwei vollen inneren und zwei halben äußeren Rillen). Sechs der Metopen stellen einen Amazonenkampf dar als Bestandteil der glorreich geführten Schlacht bei Marathon.

Die Rampe führt zu den Überresten des religiösen Zentrums Delphis, dem Tempel des Apollon. Diese Anlage hatte eine Größe von 130 mal 180 Metern. Es gab keinen zentralen Zugang, vielmehr waren es acht Durchgänge, die in das Tempelinnere führten.

Der Tempel wurde 373 v. Chr. gebaut und trug die berühmte Inschrift „Erkenne dich selbst„. Das Dach des Tempels wurde von 38 dorischen Säulen getragen, von denen die sechs fragmentarischen Säulentorsos, die vor Ort wieder aufgestellt wurden, nur ein unzureichendes Abbild wiedergeben.

Das Orakel befand sich in dieser Tempelanlage. Auf die Ratsuchenden der damaligen Zeit muss dieser mächtige Tempel mit Blick auf die Gebirgswelt eine Ehrfurcht auslösende spirituelle Wirkung gehabt haben. Der heutige Besucher genießt die Stille und die Muße zur inneren Einkehr.

Bestandteil der Tempelanlage war auch das Theater des Apollon, das oberhalb des Apollontempels lag. Derartige Freilufttheater mit halbkreisförmig aufsteigend angeordneten Steinstufen finden sich an vielen Stellen in Griechenland und auch außerhalb Griechenlands, wo früher sich Griechen angesiedelt hatten wie beispielsweise in Taormina auf Sizilien.

Das Theater hatte ein Fassungsvermögen von 5.000 Zuschauern, was in Anbetracht der damaligen Bevölkerungszahlen schon immens war. Die Zeit der Errichtung wird auf das 4. oder 3. Jahrhundert vor Chr. verortet. Dieser Tempel diente als Platz der Muse im Rahmen der Pythischen Spiele. Diese fanden alle vier Jahre mit einem Abstand von zwei Jahren zu den Olympischen Spielen statt.

Zu dem musischen Bereich gehörten Flöten und Kitahraspiel, Schauspiel – und Tanzwettbewerbe, Malwettbewerbe und eine Hymne an den Gott Apollon.

Für Sportveranstaltungen gab es ein gesondertes Stadion. Die Sportwettkämpfe gehörten zu den Panhellenischen Spielen, die in vielen Städten in Kleinasien und Griechenland stattfanden. Für die Zeit der Delphischen Spiele galt der heilige Delphische Frieden, der drei Monate andauerte. Die Waffenruhe garantierte den Menschen, Teilnehmern wie Zuschauern, eine gefahrlose Reise zu den Spielen und wieder zurück in ihre Heimat.

Zahlreiche Besucher strömten zu diesen Wettkämpfen, die im Zusammenhang mit der Verehrung des Gottes Apollon standen. Deswegen wurden sie durch Kaiser Theodosius I. 394 n. Chr. als „heidnischer Kult“ verboten.

Der Ausgrabungsstätte in Delphi angegliedert ist ein kleines Museum, in dem besonders kostbare Artefakte aus Delphi besichtigt werden können.

Zu den Ausstellungstücken gehört der Omphalos, ein Stein in der Form eines Bienenkorbs. Das Original befand sich ursprünglich in dem abgeschlossenen Innenraum des Apollontempels. Im Museum befindet sich eine Kopie allerdings noch aus der Zeit der Antike.

Er war mit steinernen Wollgirlanden überzogen und war für die Griechen der Antike der Nabel der Welt.

Diese antike Abbildung einer Sphinx  stellt ein Wesen mit Frauenkopf, dem Körper eines Löwen und den Flügeln eines Raubvogels dar. Die aus Marmor gefertigte Statue wurde um 570/60 v. Chr. von den Einwohnern der Insel Naxos dem Apollontempel in Delphi gestiftet.

Die Sphinx der Naxier wurde 1861 von einem französischen Archäologenteam in zahlreichen Fragmenten ausgegraben und wieder restauriert. Der Kopf wurde bei weiteren Ausgrabungen 1893 entdeckt. Ursprünglich bildete die Sphinx den oberen Abschluss einer ionischen Säule mit einer Gesamthöhe von 13 Metern. Die eigentliche Statue ist 2,22 m, bis zur höchsten Spitze der Flügel 2,32 m hoch und 1,35 m lang.

Die beiden Statuen des Kleobis und Biton entstammen der griechischen Mythologie. Die Mutter der Brüder, eine Herapriesterin mit dem Namen Kydippe aus dem Ort Argos ließ diese ihren Wagen an Stelle von Zugtieren zu dem Opferfest ziehen. Die Göttin Hera gab den Brüdern als Belohnung den gnädigen Tod im Schlaf, während diese sich nach dem Opfer im Tempel aufhielten.

Die Statuen sind aus parischem Marmor und haben mit Sockel eine Höhe von 2,16 bzw. 2,18 Metern. Sie sollen um 600 v. Chr. geschaffen worden sein. Sie werden dem Bildhauer Polymedes zugeordnet, der sich von altägyptischen Statuen beeinflussen ließ. Sie gehörten zu den ersten Großplastiken der griechischen Antike.

Nicht aus der Ausgrabungsstätte Delphi sondern vermutlich von der Insel Samos stammt dieser goldgeschmückte Kopf des Apollon. Diese Kunstform wird Chryselephantine (aus dem Griechischen Chrysos, „Gold“ und Elephantinos, „Elfenbein“) genannt. Auf einem hölzernen Kern wurden Elfenbeinplättchen gezogen, die dann mit Gold geschmückt wurden.

Diese Skulptur stellt die Göttin Artemis dar. Die milde lächelnde Büste trägt eine goldene Tiara und rosettenförmige Ohrringe. Die Augenbrauen sind leider nicht mehr erhalten. Die diesbezüglichen Aushöhlungen legen nahe, dass eine Inlay-Technik verwendet wurde.

Im Museum befinden sich insgesamt drei Exponate, die die Götter Apollon, Artemis und Leto darstellen. Der Kopf der Leto ist leider nicht mehr gut erhalten.

Der Wagenlenker von Delphi ist wohl das bekannteste Ausstellungsstück des Museums. Es handelt sich um eine Bronzestatue mit einer Höhe von 1,80 Metern. Sie wurde aus Einzelteilen gefertigt, die zusammengelötet wurden. Der linke Arm konnte leider nicht gefunden werden und ist unwiederbringlich verloren.

Der Wagenlenker trägt ein Gewand mit reichem Faltenwurf. Ursprünglich soll die Figur Bestandteil eines Pferdevierer-Gespanns gewesen sein, das in dem Erdbeben von 373 n. Chr. verschüttet wurde. Weder Gespann noch Pferde wurden wiedergefunden. Die Figur des Wagenlenkers wurde 1896 ausgegraben.

Das Gesicht des Jünglings mit ausgeprägten Lippen trägt Augäpfel aus poliertem Kieselstein. Selbst die Wimpern sind aus Bronze kunstvoll nachempfunden. Die Bronzefigur wurde vom Tyrannen Gelon von Syrakus anlässlich seines Sieges im Wagenrennen bei den Delphischen Spielen von 478 v. Chr. gestiftet.

In Delphi sind auch verschiedene Bodenmosaike zu besichtigen. Diese stammen aus der byzantinischen Zeit der Römer.

Die römische Siedlung, die sich in Delphi entwickelt hatte, endete nicht mit der Schließung des Tempels und der Untersagung der religiösen Ausübung. Die Bodenmosaike sprechen für einen gewissen Wohlstand ihrer Bewohner, denn auch zur Zeit des byzantinischen Zeitalters war eine derartige Bodenkunst nur reichen Römern erschwinglich.

Teilweise befanden sich diese Mosaikböden auch in frühchristlichen Basilikas, was sich aus der Bodenfläche dieser Mosaike erschließt.

Das Schönste zum Schluss. Mit Delphi verbinden die meisten Besucher diese Formation aus drei dorischen Säulen. Der Architekt Theodoros von Phokaia hatte um 380 v. Chr. einen Rundbau entworfen. Dieser Rundbau (Tholos) war in seiner Form außergewöhnlich da ohne Vorbild.

Mit Ausnahme des Bodens, der aus Kalkstein errichtet wurde, bestand das gesamte Gebäude aus pentelischem Marmor. Das Heiligtum war der Göttin Athena geweiht.

Die oberste Stufe des Tempels (Stylobat) hatte einen Durchmesser von 13,5 Metern, der des zylindrischen Baukörpers der Cella betrug 8,60 Meter. Der äußere Säulenkranz wurde gebildet aus zwanzig dorischen Säulen, im Inneren standen neun korinthische Säulen.

Die Säulen hatten eine Höhe von 6 Metern. Sie trugen einen Fries aus Triglyphen und Metopen. Auf den insgesamt 40 Metopen waren verschiedene Reliefs abgebildet. Die noch verbliebenen zeigen Darstellungen von Zentauren und Amazonen. Die Originale der Metopen befinden sich im Museum, an der Stätte sind Kopien eingearbeitet.

Drei der einst zwanzig dorischen Säulen wurden 1938 wieder aufgestellt. Aus der Nähe deutlich erkennbar ist die Zusammensetzung der Säulen aus vorgefundenen Fragmenten und angepassten Nachbauten.

Die Rekonstruktion der drei Säulen des Rundbaus ist nicht unumstritten, da es allein auf den Sachverstand der Archäologen beruht, die um 1910 die Anlage wieder ausgegraben hatten und partiell auf Nachempfindungen vergleichbarer Bauten. Hier treffen Denkmalpflege und Architekturphantasie aufeinander.

Vielleicht braucht der heutige Besucher diese Denkanstöße, da sonst seine Vorstellungskraft nicht ausreicht, um die glanzvolle Schönheit der antiken Tempelanlagen nachzuempfinden, die nicht nur durch Erdbeben und Erdrutsche sondern auch von Menschenhand unwiederbringlich zerstört wurden.

Nächster Stopp … Nafpaktos.

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